Am 4.5.23 fand der Prozess gegen F. wegen Körperverletzung am Amtsgericht Dresden statt. Der Anlass war eine Begebenheit vom 19.5.22 beim Oberlandesgericht (OLG) auf dem Hammerweg. Der Tag war einer der vielen, an dem das Antifa-Ost-Verfahren stattfand.
Der „Geschädigte“ und Belastungszeuge Eberhard Schink, geb. 1962 in Dresden mit Anwalt Dr. Bürger aus Dresden, Staatsanwalt Schimmelfeder und Richter Dr. Hepp-Schwab gaben sich die Ehre F. der körperlichen Verletzung nach §223 Abs. 1 anzuklagen.
Nachdem F.s Daten abgeglichen worden waren und der Richter die FFP2-Maske des Angeklagten mokierte, legte die Verteidigerin Antonia Sturma Beweisstück A1 vor. Dies war ein Foto über eine Halspartie von F. Mit Spuren eines Würgegriffs (Schwitzkasten) durchgeführt durch Schink. Anwalt Klinggräf, Verteidiger im Antifa Ost Verfahren hatte die Aufnahme unmittelbar vor Ort des Geschehens im Mai letzten Jahres während der polizeilichen Maßnahmen um F. gemacht. Das Foto wurde in Augenschein genommen.
Belastungszeuge und „Geschädigter“ Schink erzählte dann, wie ihm geschah, nachdem er lediglich seinen Namen und Geburtsjahr nennen musste. (Auch in der Akte befinden sich wohl keine weiteren Daten von ihm.) Er war also an dem Tag aus Berlin kommend auf den Hammerweg gefahren, hatte etwas oberhalb geparkt und ging zum OLG um den Prozess Antifa Ost zu verfolgen. Dabei kam er an einer Dreiergruppe ( 1 Frau, 2 Männer) vorbei, die in die andere Richtung lief. Zu den Dreien machte er im Vorbeigehen die, wie er sagte, „vielleicht läppische“, Bemerkung: „Ich tippe auf zehn Jahre!“ und lief weiter Richtung Vorplatz des Gerichts, wo eine größere Menschenmenge 20-40 Leute mit Anwält*innen aus dem Verfahren stand. Es war, wie er schlußfolgerte, Mittagspause. Daraufhin ging er zum Auto zurück, als die vorher benannte Dreiergruppe auf ihn zugerannt kam. Die Frau in der Gruppe war „der treibende Keil“, wie „eine Furie“, sie hatte „eine kurze Zündschnur“ und schrie „Was willst du, du Idiot!“ Er war sehr brüskiert darüber, denn in den Kreisen, in denen er sich bewege, führten sich Frauen nicht so auf. Dann standen 8-10 weitere Personen um ihn rum. Die Frau faßte ihn an, die Mütze sei ihm vom Kopf geschlagen worden und einer trat ihm von der Seite mit dem Fuß. (Die Angaben wo der Fuß getroffen hatte, waren in Folge widersprüchlich.) Die Polizei, die an Verfahrenstagen immer am Gericht anwesend ist, ging dazwischen und nahm die „angreifenden“ Personen „in Gewahrsam“. Er selbst sagte direkt im Anschluss gegenüber der Polizei aus, erstattete Anzeige, fuhr nach Hause. Als er in Leuben angekommen war, stellte er Zerkratzungen auf der Beifahrerseite fest. Er rief bei der Polizei an, um zu fragen, ob die Personen noch in Gewahrsam wären und ob Werkzeuge bei ihnen festgestellt worden wären. Beides wurde verneint und mit Absprache der Polizei stellte er keine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung.
Auf die Frage zu seinen körperlichen Verletzungen gab Schink an, dass er spätestens nach seiner Vernehmung vor Ort, also ca. nach einer Stunde, keine Schmerzen mehr hatte und ein Besuch beim Arzt nicht nötig war, da er keinerlei Blessuren davon getragen hat.
Ihm wurde das Foto A1 vorgehalten, womit er nichts anfangen konnte, erinnerte sich dafür an die „Publikation“, den „Fahndungsaufruf“ seinetwegen auf Twitter. Dieses hätte er selbst gefunden, mit seinem Foto. Auf Nachfrage des Richters gibt er an, ihm wäre danach nichts passiert, er hätte sich aber vorbereitet.
Hepp-Schwab fragt weiter, ob er politisch aktiv sei, worauf Schink angab weder beim Seeheimer Kreis (Zusammenschluss von Menschen aus der SPD Anm: Schreibende), bei der AFD oder in der „Werteunion“ aktiv zu sein. Er sei ehrenamtlich im Justizvollzugsdienst, habe mit Menschen zu tun, die 10 Jahre und mehr zu sitzen hätten, was er tatsächlich als „Einschnitt im Leben“ sehe. Ja, er habe mit dem „tippe auf 10 Jahre“ die Angeklagte Lina E. gemeint. Schink nickt, als der Richter diese Bemerkung Sympathisant*innen gegenüber für unsensibel erachtet.
Auf die Frage, ob er den Angeklagten erkenne und woran, beschrieb Schink den Blick, den er wiedererkenne. F. trug nach wie vor die FFP2-Maske, nahm sie dann ab. Der Richter schlug vor, dass Nasenring und Frisur ja markant wären, aber die waren für Schink nicht erinnerlich.
Schimmelfeder gegenüber antwortete Schink nach entsprechender Frage, dass er die Leute als „aus der Szene“ erkannt habe und das an der Kleidung.
Auf Frage der Verteidigerin zur „Szene“ sagte er, dass „die immer im Rudel auftreten“. Weiter gab er an 3-4 mal beim Prozess gewesen zu sein, aus rein persönlichem Interesse, nichts politisches. Auf weitere Nachfrage räumte er ein, den Prozessbeobachter*innen gegenüber Lina E. als „Ensslin für Arme“ bezeichnet zu haben.
Da F.s Adresse vor einigen Tagen auf Twitter unter dem Post zum heutigen Verhandlungsaufruf erschien, wollte die Verteidigerin wissen, ob er damit zu tun habe. Habe er nicht, sagte er. Er selbst habe den Account @eberhard Schink.
Er wurde aus der Befragung entlassen und vom Belastungszeugen zum Nebenkläger mit seinem Anwalt Dr. Bürger. Beide nahmen neben dem Staatsanwalt platz. Beide Parteien waren sich in Folge der Verhandlung d’accord.
Der Zeuge Sandro Somogie (Schreibweise unklar), geb 26.3.92, ist Bereitschaftspolizist in Dresden und stand an besagtem Tag mit einer Kollegin gegenüber des OLG. Sie wurden der Auseinandersetzung gewahr, nahmen den hier Angeklagten beiseite. Andere Kollegen sicherten den Bereich mit. An jedem Prozesstag wären mehrere Fahrzeuge auf dem Hammerweg verteilt.
Sie hätten Ruhe in die Situation bringen wollen. Der „Geschädigte“ hätte einen Tritt von hinten (!) abbekommen. Etwa eine Zehnergruppe stand um Schink. F. und Schink seien aus der Situation genommen worden. F. sei ruhig gewesen. Zur Identitätsfestellung wäre er hinter das Polizei-Kfz gebracht worden, wo ihm auch der Tatvorwurf Körperverletzung gemacht worden sei, der dann von Amts wegen verfolgt wurde. Bei der Identitätsfestellung wären keine Fotos gemacht worden. Dass es F. war der tatsächlich getreten hatte, konnte er nicht wirklich bestätigen.
Das Schink und Somogie den Tritt widersprüchlich darstellten, wurde nicht weiter verfolgt.
Die Verteidigerin stellte zwei weitere Beweisanträge. Der eine A2 sollte belegen, dass der „Geschädigte“ gegenüber Besucher*innen des Antifa Ost Verfahrens schon mehrfach aggressiv aufgetreten sei und u.a. Äußerungen wie „Zeckenfotze“ fielen. Dazu solle man Beamte, die den Prozess berufswegen begleiteten und schon einschreiten mussten, befragen.
Durch den nächsten Antrag A3 sollten Akten vom Verfassungschutz hinzugezogen werden, die belegen würden, dass Schink Prozessbegleitung bei Rechten (z.B. Leon Ringl) mache, dass es bereits Falschaussagen gegeben habe und er dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnen sei.
Es ginge bei den Beweisanträgen um die Glaubwürdigkeit des „Geschädigten“.
Nach einer kurzen Pause wurden alle Beweisanträge der Verteidigung abgewiesen, da sie nichts zur Sache täten bzw. das Foto sei zu ungenau zur Identifizierung.
Die Nebenklage legte einen Adhäsionsantrag nach, der dem „Geschädigten“ 500 € Schmerzensgeld bei 5% Tageszins vom Tattag beginnend sichern sollte.
Da F. keine Angaben zu Beruf und Einkommen machte, ging Hepp-Schwab von 900 € Einkommen aus. Es wurden die zwei vorangegangenen „Vergehen“ aus dem BZR verlesen.
Im Plädoyer sagte StA Schimmelfeder, dass sich die Anklage bestätigt habe und forderte 35 Tagessätze zu 35 €. Die Nebenklage schloß sich dem an.
Die Verteidigerin Sturma plädierte, wobei sie darauf hinwies, dass die Polizei die Ausgangssituation nicht gesehen habe und es so nur einen Belastungszeugen gäbe, dessen Beschreibung des Ablaufs unglaubwürdig und widersprüchlich sei. Er wäre schon bei vorangegangenen Prozesstagen im Antifa Ost Verfahren durch Provokationen aufgefallen und hätte sich auch hier im Prozess despektierlich gegenüber der „Szene“ geäußert. Sie forderte einen Freispruch.
Das Urteil folgte nach einer weiteren Pause:
35 Tagessätze zu 30 € sowie ein Schmerzensgeld von 300 € plus des Tageszinses von 5%.
Die Kosten des Verfahrens habe F. zu tragen.
Das Schmerzensgeld deshalb, da die bürgerlichen Freiheitsrechte des „Geschädigten“ eingeschränkt worden seien.
Im Anschluss gab es moralische Unterweisungen und Hinweise an die Verteidigerin, wie sie ihre Arbeit machen solle.
Berufung kann folgen.