ein Beitrag von Thomas Meyer-Falk
In den letzten Monaten wird wieder intensiver über das Sterben im Mittelmeer berichtet und diskutiert, auch deshalb, weil deutsche Schiffe bzw. Kapitäninnen und Kapitäne von der italienischen Justiz verfolgt werden. Von den Titelseiten der Presse schreien uns ihre Gesichter entgegen, machen uns, die wir im Trockenen sitzen, auch ein schlechtes Gewissen. Das rege Spendenaufkommen nach Aufrufen u.a. von Jan Böhmermann kann als Indiz gelten, gewissermaßen die moderne Form des Ablasses.
Meine Frage ist nun, gibt es einen
moralisch qualitativen Unterschied zwischen Morden des NSU oder wie
kürzlich an dem Kasseler Regierungspräsidenten einerseits und dem
Sterbenlassen der Geflüchteten im Mittelmeer, das die EU – Regierungen
und deren Mitglieder zu verantworten haben, andererseits?
Friedrich Engels schrieb in seiner Schrift gegen die sozialen Auswirkungen des Kapitalismus davon, dass wir von Totschlag oder Mord sprächen, wenn ein Einzelner einem Anderen körperlichen Schaden zufüge, der zu dessen Tod führe, um dann zu betonen, es sei jedoch ebenso Mord, wenn die Gesellschaft hunderten oder tausenden Menschen Lebensbedingungen und Verhältnissen aussetze, die deren Tod bedingen („Die Lage der arbeitenden Klasse in England“). In diesen Fällen handele es sich um versteckten, heimtückischen Mord, so Engels in seiner Analyse.
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