Kürzlich entschied das Landgericht (LG) im Südbadischen Freiburg, dass der Einsatz der elektronischen Fußfessel am 2.12.2019 rechtswidrig gewesen sei.
Zur Vorgeschichte
Vor Jahren entkam der baden-württembergischen Justiz ein zu lebenslanger Freihaftsstrafe Verurteilter im Rahmen einer (von Beamten bewachten) Ausführung. Im Zuge dessen plante der Justizminister in Stuttgart ein Gesetz, welches es künftig erlauben sollte allen zu lebenslanger Freiheitsstrafe und in der Sicherheitsverwahrung sitzenden Menschen, für die Dauer der Ausführung eine elektronische Fußfessel anzulegen (vgl. auch meinen Beitrag vom 24.09.2019 unter https://de.indymedia.org/node/37786).
Die Klage vor dem LG Freiburg
Am 29.11.2019 konnte ich die JVA Freiburg für ein paar Stunden verlassen um spazieren und einkaufen zu gehen, bewacht von zwei Uniformierten – und eben jenes kleine schwarze Kästchen am Fuß, die elektronische Fußfessel. Mit Schriftsatz vom 2.12.2019 wendete ich mich hiergegen an das Landgericht Freiburg. Ich trug vor, dass in formeller Hinsicht die Maßnahme rechtswidrig sei, da man sie mir gegenüber gar nicht erst begründet habe. Aber auch inhaltlich sei sie fehlerhaft, denn ich hatte 20 Ausführungen unbeanstandet durchgeführt. Dies habe die JVA aber nicht ansatzweise berücksichtigt.
Seitens der Anstalt wurde vorgetragen, dass ich keine Einblicke in mein Inneres zulassen würde und keine Entlassungsperspektive hätte. Insofern sei von einer gewissen Uneinschätzbarkeit und einem erhöhten Fluchtanreiz auszugehen.
Die Entscheidung vom 9.6.2020
Mit Beschluss vom 9.6.2020 entschied das Landgericht Freiburg (Az. 13 StVK 785/19), dass die angeordnete elektronische Aufenthaltsüberwachung bei der Ausführung rechtswidrig gewesen sei. Zu Unrecht habe die Anstalt es nämlich unterlassen die bislang unbeanstandet durchgeführten Ausführungen in ihre Überlegungen einzubeziehen, so Richter K.
Nur ein Zwischensieg?
Nun bleibt erst mal abzuwarten, ob die Anstalt oder das vorgesetzte Ministerium in die nächste Instanz vor das OLG ziehen werden. Zum anderen müsste die JVA künftig einfach ausführlicher und unter Einbeziehung aller Umstände besser begründen.
Zumindest zeigt die Entscheidung (vorerst), wie oberflächlich die Haftanstalt einen nachhaltig die Grundrechte berührenden Eingriff begründet hat. Mutmaßlich würden auch alle anderen betroffenen Insassen, und das sind dutzende, entsprechende Verfahren gewinnen. Schon in Haft sollen jedoch möglicherweise die Betroffenen an die künftige Totalüberwachung gewöhnt und entsprechend konditioniert werden.
Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA (SV)
Hermann-Herder-Str.8, D-79104 Freiburg