28. September 2015: Nach dem x-ten Wechsel des „Fallverantwortlichen“ fand im Rahmen der „Vollzugskoordinationssitzung III“ am 27. Juli 2015 die Anhörung des Unterzeichnenden statt. Anwesend waren: der „Fallverantwortliche“ und eine Protokollführerin vom Amt für Justizvollzug (AJV) ZH; der Sozialarbeiter, seine Praktikantin und die Vollzugsverantwortliche (in etwa Vizedirektorin) vom Knast Bostadel; mein Anwalt.
Ich nahm teil, weil meine Voraussetzungen, bzw. Vorschläge zu realen „Öffnungsschritten“ abgesehen von den irren „ROS-Empfehlungen“ des forensisch-psychiatrischen Dienstes des AJV soweit erfüllt schienen. Tatsächlich hatte das AJV den „halboffenen“ Knast Saxerriet im Kanton Sankt Gallen angefragt, ob man mich für „Vollzugsöffnungen“ aufnehmen wolle und mir wurde die Kopie der ± positiven Antwort vom Saxerriet präsentiert.
Substantieller Vorbehalt vom Saxerriet war die noch nicht stattgefundene Konsultation der „Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats“ (FAKO). Es gibt in der CH deren vier bzw. eine für jedes der vier Strafvollzugskonkordate, die jeweils einige territorial zusammenhängende Kantone der CH vereinen. Die „FAKOs“ wurden in den letzten Jahrzehnten im Zuge der massiven Justiz- und Justizvollzugsverschärfungen eingeführt und sind aus KnastdirektorInnen, StaatsanwältInnen, PsychiaterInnen, PsychologInnen usw. zusammengesetzt. Sie tagen periodisch zur Beurteilung der von den AJVs vorgesehenen „Vollzugsöffnungen“ und „bedingten Entlassungen“ für Gefangene mit dem Stigma der „Gemeingefährlichkeit“ und geben dann ihre „Empfehlungen“ heraus, die oft und gerne negativ ausfallen und, obwohl nicht verbindlich, von den AJVs meistens befolgt werden.
Besagte FAKO sollte Anfang Oktober 2015 tagen um dann vielleicht schon im selben Monat ihre „Empfehlungen“ mitzuteilen. Mit Schreiben vom 24. August ersucht das AJV-ZH nun die FAKO um „…Stellungnahme zur Frage, ob beim obengenannten Insassen die anlässlich der Vollzugskoordinationssitzung III vom 27. Juli 2015 in Aussicht genommenen Vollzugsöffnungen
♦ Versetzung in die geschlossene Übergangsabteilung der Strafanstalt Saxerriet
♦ Übertritt auf die offene Abteilung der Strafanstalt Saxerriet
♦ Aus der offenen Abteilung der Strafanstalt Saxerriet:
– mehrere begleitete Beziehungsurlaube
– unbegleitete Beziehungsurlaube
♦ Arbeitsexternat
♦ Wohn- und Arbeitsexternat
♦ Bedingte Entlassung (1. Quartal 2018) (!!!) aus ihrer Sicht unter dem Aspekt der Gemeingefährlichkeit vertretbar sind.
Dabei sind die begleiteten und unbegleiteten Beziehungsurlaube an die nachstehenden Auflagen zu knüpfen:
♦ Vorgängige Einreichung und Einhaltung eines detaillierten Urlaubsprogramms;
♦ Ständige Begleitung durch Personal der Strafanstalt Saxerriet (begleitete Beziehungsurlaube);
♦ Verfassen eines Urlaubsberichts durch Marco Camenisch;
♦ Drogen- und Alkoholkonsumverbot (inkl. Cannabis), dessen Einhaltung von der Strafanstalt Saxerriet mittels geeigneter Kontrollen zu überprüfen ist;
♦ Einhaltung eines Waffenerwerbs-, Waffenbesitz-, Waffentrag- und Waffenmitführverbots (sic!!!)
Während der Probezeit nach der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug ist die Anordnung von Bewährungshilfe sowie folgender Weisungen beabsichtigt:
♦ Drogenkonsumverbot (inkl. Cannabis), dessen Einhaltung von der Bewährungshilfe des Straf- und Massnahmevollzugs 3 mittels geeigneter Kontrollen zu überprüfen ist;
♦ Teilnahme an regelmässigen Gesprächen mit der Bewährungshilfe des Straf- und Massnahmevollzugs 3;
♦ Einhaltung eines Waffenerwerbs-, Waffenbesitz-, Waffentrag- und Waffenmitführverbots (!!!)
…“
Man bemerke die inakzeptable Absicht einer bedingten Entlassung von lächerlichen 4 Monaten mit einer unbestimmten „Probezeit“ mit „Weisungen“, die bis drei Jahre lang verfügt werden kann. Somit laufe ich Gefahr, nach dem Strafende weitere 2 Jahre und 8 Monate unter solchen „Weisungen“ leben zu müssen und im Falle einer „Nichteinhaltung“ jederzeit erneut verhaftet zu werden, um die letzten vier Monate im Knast abzusitzen. Gegen eine bedingte „Freilassung“ gibt es keine Rechtsmittel aber vielleicht gegen Probezeiten und Weisungen. Möglicherweise muss ich nun meine Zustimmung für „Vollzugsöffnungen“ zurückziehen oder dann, im Falle einer „bedingten Freilassung“ 4 Monate vor Strafende, die beiden ersten „Weisungen“ (Cannabisverbot…, „regelmässige Gespräche mit…“) unverzüglich „nicht befolgen“ um diese letzten 4 Monate bzw. die gesamte Strafe abzusitzen, worauf keine „Probezeit“ mit den entsprechenden Schikanen und Tänzchen („Weisungen“) mehr möglich wäre.
Sicher ist also zur Zeit nur: eine evtl. Versetzung nach Saxerriet könnte an einem unbestimmten Zeitpunkt erst nach der „Antwort“ der FAKO erfolgen; der „Fallverantwortliche“ hat nichts von den widerlichen „ROS-Empfehlungen“ angedeutet; für evtl. Beziehungsurlaube hat er eine Adressliste zur (nicht näher definierten) polizeilichen Überprüfung angefordert.
Dies, und wenn im Protokoll der Sitzung unter dem Titel „Legalprognose/ Risikoeinschätzung“ einerseits „Es bestehen keine Anzeichen für erneute Delinquenz (im Sinne der Anlassdelikte) während der anstehenden Vollzugsöffnungen“ steht, andererseits unter dem Untertitel „Zukunftsperspektiven/Zielsetzungen/Massnahmen“ jedoch vage von einem „Monitoring deliktassoziierter Tätigkeiten während den anstehenden Vollzugsöffnungen“ die Rede ist, lässt erahnen, dass sie die „ROS-Empfehlungen“ am liebsten wieder durchs Fenster rein holen möchten.
marco camenisch, 28.09.2015, Knast Bostadel, Menzingen, CH