Beschleunigte Verfahren (Schnellverfahren)

Beschleunigte Verfahren können bei Großereignissen (z.B. G8 / G20 ) zur Anwendung kommen. Ziel der Verfolgungsbehörden ist es, sog. „reisende Gewalttäter*innen“ noch vor Ort und unmittelbar nach der Tat zu verurteilen, um einerseits eine abschreckende erzieherische Wirkung zu erzielen, andererseits lange Verfahren und ein mögliches Nichterscheinen der Angeklagten zur Hauptverhandlung zu vermeiden.

Das Gesetz zum beschleunigten Verfahren ermöglicht es, Verdächtige bei „klarer Beweislage“ und „einfachem Sachverhalt“ sofort oder binnen kurzer Frist zu verurteilen. Hierzu können die Betroffenen nach Festnahme maximal eine Woche in sog. Hauptverhandlungshaft bleiben.

Die „normalen“ Verfahrensregeln sind außer Kraft gesetzt; es gibt folgende Besonderheiten:

  • Das Strafmaß darf höchstens ein Jahr Freiheitsstrafe betragen.
  • Wenn die Straferwartung 6 Monate oder mehr beträgt, muss ein*e Pflichtverteidiger*in bestellt werden.
  • Die Hauptverhandlung kann schon bei der ersten richterlichen Vorführung stattfinden.
  • Eine Anklageschrift muss nicht schriftlich vorliegen, denn die Anklage kann mündlich durch die Staatsanwaltschaft erhoben werden.
  • Die Beweiserhebung ist eingeschränkt, Zeug*innenvernehmungen können durch Verlesung von Protokollen ersetzt werden.

Wichtig ist hier, dass du unbedingt eine Anwält*in deines Vertrauens hinzuziehst. Hierauf hast du immer Anspruch. Mach davon Gebrauch!

Solltest du dennoch allein vor der*dem Richter*in stehen, verweigere deine Zustimmung zu allem, insbesondere zur Verlesung von Protokollen. Dann darf auf die Vernehmung der Zeug*innen nicht verzichtet werden, und das Gericht muss zu einem „normalen“ Verfahrensverlauf zurückkehren.

Nach der Verhandlung kommst du in der Regel wieder raus. Du hast dann eine Woche Zeit, mit Rechtsmitteln (Berufung oder Revision) gegen das Urteil vorzugehen, wenn du das nicht gleich im Anschluss an die Urteilsverkündung gemacht hast. Wenn du dich später entscheidest, das Urteil doch lieber annehmen zu wollen, kannst du dein Rechtsmittel auch später wieder zurücknehmen.

Für die nächste Instanz gelten dann wieder die „normalen“ Regeln. Ob du das Verfahren fortsetzen willst, entscheidest du am Besten mit deiner*deinem Anwält*in.

Wichtig ist, wie in allen anderen Stresssituationen, die Ruhe zu bewahren. Lass dich zu keinen Aussagen hinreißen, informiere den Ermittlungsausschuss und verlange eine*n Anwält*in!