mit Renate Hürtgen
24. Oktober | Salon – Zentralwerk – Risaer Straße 32 | 20 Uhr
Für die Deutsche Demokratische Republik war ab 1961 die geschlossene Grenze ein konstituives Merkmal, wie kein anderer Staat wird sie auch heute noch assoziiert mit ihrer Grenzmauer. Die damit verbundene massive EInschränkung der Bewegungsfreiheit für die Bürger*innen und die rigorose Durchsetzung waren und sind immer wieder Ausgangspunkte für Kritik an der DDR. Renate Hürtgen widmete sich in ihrer Studie die dennoch versuchten auf legalem Weg nach „Drüben“ zu kommen.
Zum Buch:
Am Beispiel der »Antragsteller auf ständige Ausreise« im Kreis Halberstadt entwirft die Autorin ein anschauliches Bild der Gesellschaft und des Herrschaftsalltags in der DDR der Honecker-Ära. Sie betrachtet sowohl die Herrschaftspraxis im regionalen »Mikrokosmos der Macht« und den Umgang der lokalen Funktionäre mit den Antragstellern als auch die »Ausreiser« selbst, ihre Herkunft, Sozialisation und kulturellen Prägungen sowie ihre Motive und das Verhältnis zu ihrem sozialen Umfeld. Dabei zeigt sich, dass unter den Antragstellern häufig gerade jene waren, die bis dahin ein durchaus angepasstes Leben geführt hatten, dessen Grenzen sie nun nicht mehr ertragen wollten. Die Studie entfaltet eine differenzierte Sicht auf die DDR-Gesellschaft, in der trotz Allgegenwart der Sicherheitsapparate und geschlossener Grenzen auch Eigensinn und Zivilcourage praktiziert wurde
Erschienen bei der Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht 2014
Zur Person:
Geb. 1947 als Renate Müller in Berlin Friedrichsfelde, Zehnklassenschule, Ausbildung zur Unterstufenlehrerin am Institut für Lehrerbildung Berlin Köpenick (1963-1966).
Lehrerin, Zweiter Bildungsweg, Studium der Kulturwissenschaft und Ästhetik an der Humboldt-Universität zu Berlin ( 1970-1974), Promotion Dr. phil., Referentin für Kultur an der Hochschule für Ökonomie Berlin Karlshorst.
Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften, Bereich Philosophiegeschichte (1980-1990), aktiv in der DDR-Opposition, 1989 Mitbegründerin der Initiative für eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung, seit 1990 in verschiedenen sozialen und betrieblichen Bewegungen aktiv.
Nach 1990 verschiedene Projekte und ABM zu Transformationsprozessen, Aufbau von Gewerkschaften, Frauen in der DDR, DDR-Alltagsgeschichte, Geschichte der „Wende“, Betriebsalltag in der DDR, Diktaturgeschichte, Geschichte sozialer Bewegungen.
Von 1997 – 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam e. V., Forschungsschwerpunkte: Sozialgeschichte der DDR, Arbeitergeschichte, Angestellte im DDR-Industriebetrieb, Staatssicherheit im Betrieb sowie Antragsteller auf Ausreise aus der DDR.